Eine Löwenzahnpflanze auf einer Wiese

Löwenzahn – ein unterschätztes Wildkraut

Der gewöhnliche Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia; früher Taraxacum officinale L.) gehört zur Familie der Korbblütler (Asteraceae) und ist eine ausdauernde, krautige Pflanze, die in ganz Europa, Nordamerika und Teilen Asiens verbreitet ist. Aufgrund seiner Anpassungsfähigkeit wächst er bevorzugt auf Wiesen, Wegrändern und in Gärten – oft zum Ärger von Gärtnern, aber zum Nutzen von Insekten und Menschen.
Wer schon einmal die Kinderserie “Löwenzahn” mit Peter Lustig gesehen hat, kennt sicherlich das Bild vom Löwenzahn, der durch den Zement einer Straße bricht – ein wunderbares Bild für die Kraft einiger Wildkräuter.
Die grünen Blätter des Löwenzahns können fast das ganze Jahr über gefunden und gegessen werden.

Merkmale

  • grundständige Blätter die tief eingeschnitten sind
  • Laubblätter rosettenartig am Boden angeordnet
  • der Stiel ist blattlos, ohne Schuppen, hohl und enthält einen weiß-milchigen Saft
  • die Blüte bzw. besser gesagt der Blütenstand besteht aus vielen gelben Zungenblüten
  • Blütezeit in Mitteleuropa meist von April bis Juni

Nach der Blüte entwickelt sich ein kugelförmiger Fruchtstand, der aus vielen kleinen Achänen besteht – das sind nussartige Einzelfrüchte. An jeder Achäne sitzt ein haariger Flugschirm, der sogenannte Pappus. Er ermöglicht eine effektive Windverbreitung über große Distanzen und ist verantwortlich für das typische „Pusteblumen“-Aussehen der reifen Pflanze.

Ein spannendes botanisches Detail: Viele Löwenzahnpflanzen vermehren sich apomiktisch, das heißt, sie bilden Samen ohne Befruchtung. So entstehen klonale Nachkommen, die genetisch identisch mit der Mutterpflanze sind.

Essbarkeit und Verwendung in der Küche

Alle Teile der Pflanze sind essbar:

  • Blätter: Junge Blätter eignen sich roh als würzige Zutat im Wildkräutersalat oder gekocht als Spinatersatz. Ihr leicht bitterer Geschmack erinnert an Chicorée – kein Zufall, denn beide gehören zur gleichen Pflanzenfamilie.
  • Blüten: Die gelben Blüten können zu Sirup, Gelee („Löwenzahnhonig“) oder als Dekoration in Salaten und Süßspeisen verwendet werden.
  • geschlossene Blüten: Können ähnlich wie Kapern eingelegt werden
  • Wurzeln: Die tiefreichenden Pfahlwurzeln lassen sich im Herbst oder Frühjahr ausgraben, trocknen und rösten – früher ein verbreiteter Ersatzkaffee. Auch als Bitterstofflieferant sind sie medizinisch interessant.
Geschlossene Löwenzahnblüte im Fokus zwischen blühendem Löwenzahn

Heilkunde und Volksmedizin

Bereits in der Antike wurde Löwenzahn als Heilpflanze geschätzt. In der mittelalterlichen Klostermedizin galt er als Mittel zur „Blutreinigung“ und Förderung der Verdauung. Auch die traditionelle chinesische Medizin nutzt Löwenzahn zur Entgiftung und Entzündungshemmung.

Heute wird Löwenzahn (Taraxacum officinale) vor allem in der Phytotherapie eingesetzt – seine Inhaltsstoffe wie Bitterstoffe, Flavonoide, Inulin und Kalium unterstützen Leber, Galle und Niere. Die harntreibende Wirkung brachte ihm im Volksmund Namen wie „Bettpisser“ oder „Pissblume“ ein, was seine Wirkung treffend – wenn auch etwas derb – beschreibt.

Historische Bedeutung

Im Lauf der Geschichte war Löwenzahn mehr als ein „Unkraut“. Vor der Industrialisierung war die Pflanze eine wertvolle Frischkostquelle im Frühling. Besonders in Notzeiten wurde sie genutzt, um Mangelerscheinungen vorzubeugen. In der Schweiz und in Teilen Deutschlands war Löwenzahnsalat lange eine regionale Spezialität.

Auch in der modernen Pflanzenforschung findet der Löwenzahn Beachtung: An der Universität Münster wurde ein russischer Löwenzahn (Taraxacum kok-saghyz) als potenzielle Kautschukquelle untersucht – ein nachhaltiger Ersatz für tropischen Naturkautschuk.

Fazit
Der Löwenzahn ist weit mehr als ein Wiesenbewohner: Er ist eine vielseitige Wildpflanze mit großer Geschichte, heilkundlicher Bedeutung und kulinarischem Potenzial. Wer ihn zu schätzen weiß, findet in ihm einen robusten und gesunden Begleiter durch Frühling und Sommer.

Löwenzahn von oben fotografiert auf einer Wiese

Neugierig auf mehr über die Welt der Kräuter?

Melde Dich für meinen Newsletter an und Du erhälst regelmäßig Wissenswertes, Tipps und Rezepte aus der Welt der Wildkräuter.

Wunderlauch erkennen und verwenden

Wer zwischen März und April spazieren geht, nimmt mancherorts einen wundervollen knoblauchartigen Geruch wahr. Und das obwohl weit und breit kein Bärlauch in Sicht ist... Gerade hier in Hannover, aber zum Beispiel auch in Berlin ist das geruchsverursachende Kraut oft der Wunderlauch (Allium paradoxum) - wegen seiner Erstausbreitung in Berlin auch Berliner Lauch genannt. Merkmale…

Madita Berger
Körbchen voller Wunderlauch

Fingerhut – wunderschöne Gefahr

Der Fingerhut (Digitalis), insbesondere der Rote Fingerhut (Digitalis purpurea) ist eine der auffälligsten und gefährlichsten Wildpflanzen Mitteleuropas. Trotz seiner Schönheit ist er für Menschen und Tiere hochgiftig – und das bereits in sehr geringen Mengen. Gerade für Einsteiger in die Welt der Wildkräuter ist es wichtig, mit unbekannten Pflanzen vorsichtig umzugehen und diese sicher zu…

Madita Berger
Roter Fingerhut mit verschieden geöffneten Blüten

Das Wildkraut Melde erkennen

Wie bei vielen Wildkräutern gibt es auch hier super viele unterschiedliche Melde-Arten. Hier soll es jedoch um die gängigsten "spreizende Melde" und "Spieß-Melde" gehen. Du musst keine Sorge haben, sie mit anderen Melde-Arten zu verwechseln - diese sehen einerseits deutlich anders aus, kommen seltener vor und sind meist ebenso essbar. Merkmale Vorkommen Gut zu wissen…

Madita Berger
Hier ist der Fruchtstand der Spießmelde zu sehen.